Donnerstag, 23. Juli 2020

Wird Pietro Supino zum starken Mann eines südwestdeutsch-schweizerisch-italienischen Tageszeitungsverbundes?

Anfang Monat übernahm Pietro Supino die operative Leitung der TX-Group. Grund genug für einige Überlegungen zu möglichen Aspirationen des italo-schweizerischen Verlegers in seiner neuen Funktion.

Eccoli qui.

Im heutigen Tages-Anzeiger (TA) kommentiert der deutsche Journalist Stefan Kornelius, Auslandchef der Süddeutschen Zeitung (SZ), die Schliessung des chinesischen Konsulates in Houston, der neuesten Eskalationsstufe im Kampf des amerikanischen Finanzkapitalismus gegen den chinesischen Staatskapitalismus.

Das macht Sinn, schliesslich hat der TA seine Chinaberichterstattung bereits vor Jahren zur SZ ausgelagert.

Anfänglich hiess es, die beiden Blätter teilten ihr Auslandkorrespondentennetz aus Spargründen. Doch seit die Kompetenz der TA-Redaktion im Auslandjournalismus flöten ging, übernimmt das Blatt zunehmend auch Kommentare von Kornelius.

Kornelius ist ein prominenter Journalist im Bereich der Aussen- und Sicherheitspolitik mit zahlreichen, wichtigen anderen Funktionen in München und Berlin. Beispielsweise bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V., die mit dem Council on Foreign Relations in New York, und der britischen Denkfabrik Chatham House in London zusammenarbeitet.

Den Schweizer Standpunkt in der immer gefährlicheren Eskalation zwischen den USA und China sucht man bei Kornelius verständlicherweise vergeblich. (Ungefähr so vergeblich wie bei der NZZ, wo Eric Gujers Auslandcrew das explosive heutige Welttheater ebenfalls aus einer, wenn auch bloss imaginierten, deutschen, oder vielleicht besser berliner Perspektive abhandelt.)

Die SZ ist das Flaggschiff der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH), u. a. Süddeutsche, Schwarzwälder Bote, Stuttgarter Zeitung plus weitere Regionalblätter wie die Lausitzer Rundschau, die Medienunion der Gebrüder Schaub und die Südwestpresse aus Ulm. Kürzlich war zu lesen, dass die SWMH mit einem Anteil von 11,5 Prozent an der Gesamtauflage aller Zeitungen in Deutschland den bisher führenden Springer (11,2 Prozent) überholt hat.

Wenn diese Blätter rein rechtlich auch nicht unter dem gleichen Dach agieren, arbeiten die südwestdeutschen Familienkapitalisten verlagsstrategisch und betriebswirtschaftlich trotzdem eng zusammen. Eine starke Verlegerfigur gibt es in den diversen Familienfirmen nicht, dafür den prominenten Auslandchef, der die grossen aussenpolitischen Linien definiert, die auch für die Blätter der TX-Group gelten.

Das Engagement von TX-Group-Präsident und Verleger Supino in Italien ist bekannt. Zuerst bei Rizzoli, Corriere della Sera, u.a.. Seit Ende April 2020 als Mitglied des Verwaltungsrates des grössten italienischen Zeitungsverlegers, der Rizzoli-Konkrenz Gruppo Editoriale Gedi (La Repubblica, La Stampa und Il Secolo XIX). Dazu noch drei nationale Radiosender und das Digital- und Werbegeschäft.

Dieses Mandat verdankt Supino dem Agnelli-Erben John Elkann, wie er selber ein mehrfacher Teilnehmer der berühmt-berüchtigten Bilderberg Konferenz. Elkann ist Chef von Fiat Chrysler, Ferrari und der Agnelli-Familiengesellschaft Exor, der neben der italienischen Gedi auch 43% der britischen Wochenzeitschrift The Economist gehört.

Vieles von TX-Group, SWMH und Gedi ist ähnlich und scheint zusammenzupassen. Gleiche Branche, bereits bestehende Zusammenarbeit, vergleichbare politische Ausrichtung, grosses Innovationspotential durch Überschreitung von National- und Sprachgrenzen. 

Und einen erfahrenen, ambitionierten Verleger für die Chefposition hätten sie auch schon.

Wer weiss, vielleicht kommt sie wirklich, die hier ventilierte, transnationale Tageszeitungsgruppe von John Elkann und Familie, Pietro Supino und Familie und den Südwestdeutschen Verlegerfamilien. Auslandchef Stefan Kornelius und die politischer Stossrichtung "Transatlantikbrücke ohne Trump" sind schon gesetzt.