Mittwoch, 26. Oktober 2022

Theorie und Praxis der Geldwäscherei mit Derivaten

Wie Lukas Hässig heute auf seinem Online-Newsletter Insideparadeplatz schreibt, reicht der Geldwäscherei-Vorwurf gegen die Derivatboutique Leonteq tiefer. 

Zu den beiden Struki-Investments, welche die Financial Times (FT) mit Hilfe eines Whistleblowers vor 2 Wochen aufdeckte, die einen Crash der Leonteq-Aktie auslösten, sollen 2018 und 2020 fünf weitere komplexe Trades über die Achse London-Paris-Karibik gelaufen sein, welche der Öffentlichkeit bislang verborgen geblieben waren.

Das weckt Erinnerungen ans SNF-Forschungsprojekt Geldwäscherei mit Derivaten meines leider allzufrüh verstorbenen Freundes Wolfgang Hafner und mir. Zwischenbericht  Schlussbericht

Unsere Forschungen (1996-1998) stiessen damals auf den heftigen Widerstand der Associazione Bancaria Ticinese, wie untenstehnender Brief des damaligen ABT-Präsidenten Giorgio Ghiringhelli an den SNF zeigt.









Die Finanzmechanik der Geldwäscherei mit Derivaten ist einfach, und kann von allen verstanden werden die wissen, was ein Finanzderivat ist.

Nämlich eine verbriefte Wette zweier Kontraktparteien mit unterschiedlichen Ansichten auf die Preisentwicklung eines definierten Basiswertes, die zu einem definierten zukünftigen Zeitpunkt miteinander abgeglichen  werden.

Dann gewinnt die richtig liegende Kontraktpartei das, was die falsch liegende verliert.  

Nullsummenspiel.

Wer schmutziges Geld waschen will, muss einen Derivatkontrakt solchermassen manipulieren, dass die Kontraktpartei mit dem schmutzigen Geld sicher verliert, das dadurch zum legalen Gewinn einer gut gelaufenen Derivatwette mutiert. 

Okay, das ist die Theorie. Die Praxis ist schwieriger geworden, seit ich vor 25 Jahren in Chicago die CBOT-Marktordnung mit den sogenannten Omnibus-Konten kennenlernte. Damals lief das Tagesgeschäft der Derivathändler über Kollektivkonten, die Zuweisung zu individuellen Kundenkonten erfolgte erst am Ende des Handelstages.

Damit bekam ein korrupter Händler die Möglichkeit, ihm bekannten Schmutzgeldkonten am Ende des Handelstages Verluste zuzuweisen, zugunsten von ihm bekannten Weissgeldkonten.

So leicht funktioniert es auf dem Hintergrund der heutigen Marktordnungen im Derivatgeschäft nicht mehr. 

Zur Verschleierung der gezielten Verlustzuweisung in Derivatkontrakten muss ein auf Geldwäsche gepimptes Finanzderivat nicht nur ein Omnibuskonto eines korrupten Derivathändlers durchlaufen, sondern mehrere Stationen auf mehreren Finanzplätzen in verschiedenen Jurisdiktionen. 

Im Fall Leonteq zitiert Hässig in seinem heutigen Blog aus der FT folgendes hochkomplexe Transaktionsschema.




Würde den Verdacht theoretisch erhärten. Für Leonteq gilt die Unschuldsvermutung.

Montag, 22. August 2022

Credit Suisse wohin — Was führt die französische CS-Grossaktionärin Natixis im Schilde?

Am letzen Freitag meldete sich bei der Agentur Bloomberg David Herro zu Wort, der Chief Investment Officer des Investmentfonds Harris Ass., einer 100-prozentigen Tochter der französischen Investmentbank Natixis.

Herro wies darauf hin, dass Harris seit 20 Jahren CS-Grossaktionärin sei. Im ersten Jahrzehnt sei es ein gefreutes Investment gewesen. Doch statt nach der Finanzkrise 2008 CS zu verkaufen, hätten sie noch zugekauft.

Jetzt müsse das neue Management der waidwunden CS unter Ulrich Körner den Milliardenverluste produzierenden Wasserkopf CS-Investmentbank innert Kürze rentabel machen, ansonsten bleibe nur noch der Ausverkauf an den Meistbietenden.

Weshalb Harris seine CS-Beteiligung unter solchen Bedingungen vor 14 Tagen von 5 auf 10 Prozent verdoppelt hat, sagte Herro nicht.

Ich denke, das ist kein Zufall. Herros Bosse in Paris wollen nicht, dass der Grund für diesen Kauf hierzulande öffentlich diskutiert wird.

Dahinter versteckt sich nämlich eine Wette auf den Weiterbestand des Frankens, der nur garantiert ist, wenn die Schweiz nicht EU Mitglied wird.

Harris gehört zu 100 Prozent Natixis, die ihrerseits zur französischen BPCE-Gruppe gehört. BPCE, der Zusammenschluss  der französischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist die zweitgrösste Bankengruppe Frankreichs.

Den BCPE-Bossen in Paris geht es nicht primär um den Ertrag aus ihrem CS-Investment. Klar, Dividenen sich schön, doch scharf sind sie vor allem auf die zweitgrösste Bank des Franken-Währungsraumes.

Der im Gefolge des Ukraninekrieges verschärfte Wirtschaftskrieg USA/EU/Japan gegen Russland, China und andere, machte den Franken noch härter — So wie es seit dem Ersten Weltkrieg in allen Kriegen war. 

In der kommenen Eurokrise, die Frage ist nicht ob, sondern wann, braucht das Schuldnerland Frankreich eine Schweizer Korrespondenzbank zur Verlustminimierung. Warum das so ist, schreib ich dann ein andermal

Es grüsst die neue Geofinanz des kommenden multilateralen Weltfinanzsystems, wo der der Euro eine Weichwährungist, und der US-Dollar nur noch eine vieler anderer Welthandelswährungen, wie Rubel oder Renminbi.

Donnerstag, 11. August 2022

Franzosen retten Credit Suisse

Gestern meldete die US-Investmentgesellschaft Harris Associates der US-Börsenaufsicht SEC, sie habe ihre Beteiligung an Credit Suisse von 5 Prozent auf 10,1 Prozent verdoppelt. Einen Grund für dafür gab Harris nicht an. 

Harris gehört der Investmentbank Natixis, einer Tochter der französischen BPCE-Gruppe. BPCE heisst der Zusammenschluss  der französischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die zweitgrösst Bankengruppe Frankreichs.

Damit avancierte die finanzstrategisch von Paris aus gesteuerte Harris zum weitaus grössten CS-Aktionär, nach der Qatar Investment Authority und Blackrock, die der waidwunden zweitgrössten Bank der Schweiz mit je knapp über 5 Prozent Aktienanteil ebenfalls die Stange halten.

Finanziell hat war das Harris-Engagement bei CS ein Desaster. 2013 beim Kurs von rund 22 Franken eingestiegen, notiert die Aktie in den vergangenen Tagen fast 80 Prozent tiefer bei plus-minus 5 Franken.

Warum verdoppelt Harris sein Investment in die CS? Sind die BPCE-Bosse in Paris denn keine profitgierigen Finanzkapitalisten?

Ich meine, das Motiv ist in den wirtschaftlichen Landesinteressen Frankreichs der kommenden neuen Geofinanz zu suchen. 

Die BPCE will eine grosse Bank im Franken-Währungsraum kontrollieren. 

Der globalisierte CS-Wertschriftenhandel, früher Goldesel, heute Verlustloch, interessiert Paris dabei nicht ⏤ verkaufen. Die zweitgrösste Bank der Schweiz hingegen schon.

Geofinanz, wie gesagt. In der nächsen Eurokrise wird Schuldnerland Frankreich die Rolle des chef de file des gigantisch verschuldeten Club Med Spanien, Italien, Griechenland den Frankenraum spielen.

Während sich Gläubigerland Deutschland als Anführer des Nordblocks, Niederlande, Österreich, Luxemburg u.a. anbietet.

In diesen Auseinandersetzungen im Eurosystem bekommt der Spielraum der nationalen Euroland-Bankensystme in der Hartwährung Franken neue finanzstrategische Bedeutung. Sowohl bei der Vertretung von Kundeninteressen als auch von nationalen Wirtschaftsinteressen.

Als Zusammenschluss der französischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken  mit einem Anteil am gesamten Zahlungsverkehr von 20 Prozent vertritt die BPCE gemäss ihrem strategischen Plan 2021-2024 nicht nur Kundeninteressen, sondern auch die nationalen Wirtschaftsinteressen Frankreichs. Da passt die CS wie gesagt rein.

Der Kreis hat sich geschlossen.

1856 lancierte Alfred Escher die «Schweizerische Kreditanstalt» nach dem Vorbild der Pariser «Crédit Mobilier» und liess den Hauptsitz der Bank am Zürcher Paradeplatz in französischem Stile bauen. Jetzt  kehren die Franzosen zurück.