Montag, 14. Oktober 2019

Preisfrage: Warum muss CS-Grossaktionär Harris Associates den angeschlagenen Tidjane Thiam verteidigen?

Im Interview mit Bloomberg TV hat der Anlagechef des grössten CS-Aktionärs Harris Associates David Herro gestern den Verdacht geäussert, die ganze Thiam/Khan-Story sei von einer PR-Firma gezielt gestreut worden, um einen Skandal zu produzieren. «Ich glaube, das ist die eigentliche Story», sagte Herro.

Damit hält Herro als Vertreter der grössten CS-Aktionärin dem angezählten CS-CEO weiterhin die Stange. Ganz im Gegensatz zur Mehrheit der hiesigen Kommentare, die Thiam gerne demissionieren sehen würden.

Warum?

Weil die Eigentümerin von Harris Associates, nämlich die zweitgrösste französische Bankengruppe BPCE, mit ihrem CS-Engagement nicht nur kommerzielle, sondern auch geostrategische Interessen verfolgt.

Für BPCE geht es neben dem Finanzertrag auch um die Präsenz auf dem Finanzplatz Schweiz in der neuen Weltfinanzarchitektur. Ohne Thiam, allenfalls einen frankophonen Nachfolger, drohen die bisherigen Positionen verloren zu gehen.

Was BPCE zu verhindern sucht und damit indirekt zeigt, wie wichtig die Chefs in Paris den Finanzplatz Schweiz einstufen.

Samstag, 12. Oktober 2019

Preisfrage: Warum muss Pierre-Olivier Bouée im Verwaltungsrat von SIX bleiben?

Im Zusammenhang mit der dubiosen Khan-Affäre fasste CS-Top-Manager Pierre-Olivier Bouée bei seiner Brötchengeberin einen Fristlosen.

Trotzdem bleibt Bouée im Verwaltungsrat Schweizer Börsenbetreiberin SIX.

Warum? 

Merci au charme discret du capitalisme d'Etat français.

Bei CS hat Bouée nicht bloss sich selber vertreten, sondern, zusammen mit seinem Buddy Tidjane, auch die Interessen der zweitgrössten französischen Bankengruppe BPCE

Aus diesem Grunde muss Bouée vorerst im SIX-VR bleiben. Zumindest solange bis die Franzosen einen passenden Ersatz gefunden haben.

Daran haben meines Erachtens sowohl SIX als auch BPCE ein strategisches Interesse.

Für SIX geht es darum, die französische Stimme weiterhin direkt am Tisch zu haben, etwa bei der laufenden Digitalisierung des Swiss Interbank Clearing (SIC) oder bei der Expansion nach China.

Umgekehrt liegt das Interesse von BPCE am SIX-VR auf der Hand, nachdem SIX beim Aufbau der neuen digitalisierten Infrastruktur der Finanzdrehscheibe Schweiz in die Offensive gegangen ist.

Dabei geht es um das neue gemeinsame Forschungsprojekt von SIX und SNB zur Integration von digitalem Zentralbankgeld in eine Distributed Ledger Technologie-Infrastruktur, das die Abwicklung von digitalen «tokenisierten» Vermögenswerten zwischen Finanzinstituten via SIC ermöglichen soll.

Dienstag, 1. Oktober 2019

Preisfrage: Warum muss Tidjane Thiam Chef der Credit Suisse bleiben?

Ein saftiger Skandal.

Der Chief Operating Officer der Credit Suisse Pierre-Olivier Bouée lässt den ehemaligen Chef des internationalen CS-Vermögensverwaltungsgeschäfts Iqbal Khan bespitzeln.

Darauf werden Bouée und der CS-Sicherheitschef Remo Boccali fristlos entlassen. Die Person die von Boccali den Auftrag fasste die Überwachung zu organisieren suizidiert sich.

CS-Chef Tidjane Thiam als oberster Verantwortlicher verbleibt im Amt.

Thiam habe von der Überwachung nichts gewusst, das habe die Zürcher Anwaltskanzlei Homburger eruiert, sagte CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner an der heutigen Pressekonferenz.

Das glaubt wer will - ich nicht. Vielmehr scheint mir hier der klassische Fall vorzuliegen wo einer seinen Kopf auch für einen anderen hinhalten muss.

Warum?

Thiam und Bouée sind beruflich ein verschworenes Team, das seit ihren ersten gemeinsamen Arbeitgeber McKinsey im Jahre 2000 alle Stellenwechsel gemeinsam machte.

Der Franzose Bouée kommt aus der höheren Beamtenschaft des französischen Wirtschafts- und Finanzministeriums. Thiam, Sprössling einer "grande famille" der Elfenbeinküste, hat in Paris studiert und war vor seinem McKinsey- Job Minister für Forschung und Entwicklung der Elfenbeinküste.

Französischer als Thiam und Bouée gehts nimmer.

Kommen wir nun zur Harris Associates, Chicago, dem Hauptaktionär der Credit Suisse mit etwa 9 Prozent. Harris gehört zu 100 Prozent der französischen Vermögensverwalterin Natixis Global Asset Management, die ihrerseits grossmehrheitlich von der zweitgrössten französischen Bankengruppe BPCE, kontrolliert wird.

Französischer als die genossenschaftlich organisierte Volksbanken- und Sparkassengruppe BCPE gehts nimmer.

Gut ins Bild passt, dass Harris Mann David Herro sich bereits drei Tage vor der heutigen CS-Pressekonferenz als einziger Grossaktionär für das Verbleiben von Thiam bei CS stark gemacht hat. Hauptaktionär Harris will von der CS mehr als eine gute Dividende einkassieren, wie die anderen Grossaktionäre, also der Norwegische Staatsfonds, der Katari-Staatsfonds, die Saudische Olayan Group und Blackrock mit je ungefähr 5 Prozent.

Bei der CS-Beteiligung von Harris/Natixis/BCPE geht es meines Erachtens immer auch um die wirtschaftlichen Interessen der französischen Volksbanken und Sparkassen und damit auch des französischen Staates. BCPE ist die französische Version des Staatskapitalismus.

Dazu passt die undurchsichtige Rolle die Thiam unlängst rund um die französische Scor und deren Chef Denis Kessler spielte, eine 1970 auf Veranlassung der französischen Regierung gegründete Rückversicherung, die auch in der Schweiz von Bedeutung ist.

War alt genug ist durfte miterleben wie die Schweizerische Kreditanstalt nach dem Chiasso Skandal von 1976 unter Rainer Gut zu einer amerikanischen Bank mutierte, mit dem Kauf von First Boston, den Wall-Street-Managern, den amerikanischen Grossaktionären und schliesslich mehr Arbeitsplätzen in den USA als in der Schweiz.

Auch schon wieder Geschichte geworden.

Heute präsentiert sich die CS als eine strategisch von Paris im geopolitischen Orbit der Grande Nation gesteuerte Finanzgruppe. Das "Suisse" im Namen hat nur noch historische Bedeutung, obwohl die CS immer noch von der impliziten "Too-big-to-fail"-Staatsgarantie der Bundeskasse und der SNB profitiert.

Weil die BCPE/Natixis/Harris-Strategen wollen, dass das so bleibt darf Thiam nach einem Skandal nicht von der Kommandobrücke gehen, bevor ein sorgfältig selektionierter Nachfolger zur Verfügung steht.

Womit die Eingangsfrage beantwortet wäre.