Dienstag, 29. Oktober 2024

BIZ-Projekt mBridge: Die Finanzdigitalisierung stösst an ihre politischen Grenzen

Gestern verbreitete der kanadische Finanznachrichtendienst BNN Bloomberg eine Story, wonach die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ in Basel sich intern überlege, das BIZ-Projekt mBridge zu stoppen.

mBridge soll durch direkte digitale Verbindungen zwischen den Zentralbanken weltweite Finanzüberweisungen in Lokalwährungen ausserhalb des derzeitigen dollarbasierten Systems der Korrespondenzbanken ermöglichen.

Die Software von mBridge haben die Zentralbanken Chinas, Thailands, Hongkongs und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im Rahmen des BIZ Innovation Hub entwickelt. Die chinesische Hardware hat das Stadium des „Minimum Viable Product“ für konkrete Tests erreicht.

Im Januar dieses Jahres sendete die Zentralbank der VAE eine erste grenzüberschreitende Zahlung von „digitalen Dirham“ im Wert von 50 Mio. Dirham (13,6 Mio. USD) über mBridge nach China. 

Im Juni lud die BIZ private Kreditgeber und andere Geldinstitute ein, auf mBridge Test-Transaktionen durchzuführen. 

Für Akteure aus Thailand, Hongkong und den VAE gibt es keine bessere Methode zur Umgehung der US-Finanzsanktionen, als die BIZ Innovation Hub gesponsorte Digitalplattform mBridge.

Kein Wunder, empfahl der russische Präsident Putin vergangene Woche auf dem BRICS-Gipfel in Kasan den BRICS-Zentralbanken die Schaffung einer BRICS-Brücke auf Basis der mBridge Technologie. 

Während BIZ-Generaldirektor Agustin Carstens bei der Group of 30 drüben in Washington laut BNN Bloomberg gleichzeitig betonte, dass „wir (BIZ) kein Projekt für die BRICS direkt unterstützen können, weil wir nicht mit Ländern zusammenarbeiten können, die Sanktionen unterliegen.“

Soll die BIZ im Zweiten Kalten Krieg weiterhin eine neutrale Plattform für die weltweite Zentralbanken-Kooperation bleiben, oder folgt die älteste internationale Finanzinstitution der Welt dem Rat ihres aktuellen Generaldirektors, und stärkt damit das immer weiter ausgreifende Finanzsanktions-Regime des Westblocks?

Das ist eine wichtige Frage die auch das Direktorium des BIZ-Gründungsmitgliedes SNB beantworten muss.
 
PS: Während des Zweiten Weltkrieges arbeiteten Banker der Alliierten und der Achsenmächte, abgeordnet von der Bank of England, der Deutschen Reichsbank, der Banca d'Italia und der Bank of Japan, unter einem amerikanischen Geschäftsführer im gleichen Haus in Basel. Nach dem amerikanischen Kriegseintritt im Dezember 1941 konnte die BIZ mit dem nun nicht mehr neutralen US-Amerikaner an der Spitze nur überleben, weil sich SNB-Präsident Ernst Weber widerwillig bereit erklärte, als immer noch neutraler Schweizer die Präsidentschaft zu übernehmen. 

Sonntag, 27. Oktober 2024

Nochmals zur Theorielastigkeit und politischen Unerfahrenheit des neuen SNB-Direktoriums

Die drei neuen Chefs der Nationalbank (SNB) sind hochspezialisierte Zentralbank-Ökonomen, zwei davon reine Theoretiker. Lediglich der neue Präsident konnte in der SNB-Zweigstelle Singapore auch Erfahrungen im Devisenhandel sammeln. Dieses Praxisdefizit im Direktorium lastet als Hypothek auf der Durchsetzung des verfassungsmässigen und gesetzlichen Mandates der SNB.

Der Erhalt des stabilen Frankenwertes unter Berücksichtigung der Konjunktur wird unter den Bedingungen des kommende Währungskrieges zwischen dem dollarbasierten Westblock und dem entstehenden BRICSblock von der rein ökonomischen zur politökonomischen Herausforderung

Bislang liefen die Beziehungen der SNB zu anderen Zentralbanken problemlos über die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Doch die seit 1930 existierende Bank der Zentralbanken, die erste internationale Finanzorganisation, ist im Begriff, zur Bank der Westblock-Zentralbanken zu schrumpfen.

Die BIZ-Mitgliedschaft der Bank von Russland ist seit dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine  im Februar 2022 faktisch suspendiert. Kommuniziert wird das nicht, die BIZ ist diskret. 

Seither stellte die Bank von Russland ihre internationalen Zentralbankenbeziehungen mit Volldampf auf eine neue, BIZ-freie Basis. Wer mehr darüber wissen will, braucht bloss ein bisschen auf der Webseite der Bank of Russia herumzuturnen. Oder den Report über die Finanzbeziehungen der BRICS-Staaten zu lesen, den sie zum kürzlichen BRICS-Gipfel in Kazan publizierte.

Hier nur soviel, BRICS will das dollarzentrierte Globalsystem des Finanzkapitalismus in einem ersten Schritt vom Welthandel trennen, indem der Zahlungsverkehr im Handel bilateral über die jeweiligen Landeswährungen abgewickelt wird. Dass beispielsweise Lieferungen von Saudischem Erdöl nach China nicht mehr wie bisher in Dollar fakturiert sind, welche sich die Chinesen auf dem Devisenmarkt beschaffen müssen, sondern in Saudi Rial, welche die Chinesen aus ihren Warenlieferungen nach Saudi Arabien zur Verfügung haben.

Der Status der Chinesischen Volksbank bei der BIZ ist für mich als alter BIZ-Beobacher schwieriger zu beschreiben - kein Bluff, mach ich seit über einem halben Jahrhundert. Faktisch suspendiert hätte ich vor einem halben Jahr noch nicht gesagt, nach dem BRICS-Gipfel in Kazan würde ich das jedoch wagen.

Wie soll sich das dem Landesinteresse verpflichtete SNB-Direktorium hier verhalten? Sowohl BIZ-intern, als auch im bilateralen Verhältnis mit der Bank von Russland und der Chinesischen Volksbank.

Machen die  neuen auf diesem Terrain Fehler, gehts ins Auge.

Pro Memoria: Der Fehler aller Fehler in der 117jährigen Geschichte der SNB war kein geldpolitischer, sondern ein politökonomischer. Nämlich die wissentliche Übernahme von Raubgold aus Deutschland im Zweiten Weltkrieg unter dem Deckmantel einer geldpolitischen Argumentation.

Im August 1943 besuchte Yves Bréart de Boisanger von der Banque de France (Vichy) den SNB-Präsidenten Ernst Weber in Zürich. Der Vichy-Mann sagte Weber, die Banque de France akzeptiere nicht, dass die SNB von der Reichsbank als Bezahlung für nach Deutschland gelieferte Schweizer Waren Deutsches Raubgold aus Belgien annehme. Die Belgier hätten vor dem Krieg 198 Tonnen Gold in Frankreich eingelagert, dessen Auslieferung die Deutschen später von Vichy-Frankreich verlangt hätten. De Boisanger meinte, wie der Krieg auch ausgehe, das in der Schweiz verkaufte, einstmals bei der Banque de France eingelagerte Deutsche Raubgold aus Belgien werde die Banque de France von der SNB sicher zurückfordern. 

Webers Antwort an de Boisanger liest sich im Direktoriumsprotokoll (12.8.1943) wie folgt: "Die Schweiz besitzt eine Goldwährung. Die Schweiz nimmt daher Gold von allen Ländern und gibt Gold an alle Länder. Es ist nicht möglich, die Entgegennahme von Gold einem einzelnen Lande abzulehnen; das würde auch der Neutralität der Schweiz widersprechen. Im übrigen kann die Nationalbank dem Gold, das ihr von der Deutschen Reichsbank verkauft wird nicht ansehen, woher es kommt. Die Nationalbank darf annehmen, das das Gold, das sie von der Reichsbank bekommt deren Eigentum sei, über das sie frei verfügen könne."

Ernst Weber, der seit der SNB-Gründung 1907 dort arbeitete, seit 1939 als Präsident des Direktoriums checkte nicht, dass eine rein geldtheoretische Argumentation in der Frage der Akzeptanz von Deutschem Raubgold nicht ausreichte.