Donnerstag, 27. März 2025

Die Nationalbank muss den Interbankenverkehr übernehmen - Im ökonomischen Landesinteresse

Heute schreibt der meist gut informierte Lukas Hässig auf insideparadeplatz.ch:

„Die SIX-Gruppe ist im Echtzeit-Umbau. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Hunderte Mitarbeiter, darunter viele langjährige, bangen um ihr Überleben.

 Tabus gibt’s keine. Gestern erhielten laut einer Quelle ‚massenweise Leute‘ den Blauen Brief. Jetzt wird ein nächstes Abwrack-Geheimprojekt bekannt: ‚Toledo‘.“

Toledo soll das von der SIX betriebene e-bill-System abstossen, welches die Abwicklung elektronischer Zahlungen nach einheitlichem nationalen Standard garantiert.

Neue Besen kehren gut: Falls Bjørn Sibbern SIX wirklich radikal sanieren will, stehen auch SIC (Interbankclearing) und x-clear (globale CHF-Clearingbank) zur Disposition – die digitalen Herzstücke des Schweizer Finanzplatzes, betrieben von SIX im Auftrag der Nationalbank.

Deren dauerhafte Verfügbarkeit ist für den Finanzplatz so essenziell wie die Stromversorgung der Serverfarmen. Deshalb ist klar: Sibbern wird SIC und x-clear ohne grünes Licht der grössten SIX-Aktionärin UBS nicht antasten, selbst im tabulosen Abwrack-Rausch nicht.

Allein - aus Sicht des ökonomischen Landesinteresses ist die UBS unter Kelleher und Ermotti ein unsicherer Kantonist

Berichte deuten darauf hin, dass die Bank einen Hauptsitz-Wechsel nach London oder New York erwägt. Sollte dies geschehen stellt sich die Frage wo die Loyalitäten liegen, falls sich die Regionalkriege in der Ukraine oder im Nahen Osten verschärfen?

Hoffentlich bleibt uns eine solche Eskalation erspart. Doch eines ist klar:

Das Public-Private-Partnership-Modell von 1987, bei dem private Banken im Auftrag der SNB den Maschinenraum des Finanzplatzes betreiben, ist überholt.

Heute verlangt das ökonomische Landesinteresse den Betrieb von SIC und x-clear durch die SNB.

Dienstag, 25. März 2025

SIX Group am Scheideweg: Profit oder Finanzplatz-Infrastruktur?

Die SIX Group AG beschäftigt über 4’000 Mitarbeitende – rund die Hälfte in der Schweiz, ein Viertel in Spanien und der Rest in Polen, Indien und weiteren Ländern.

Im Auftrag der Schweizerischen Nationalbank (SNB) betreibt SIX das SIC-System, das Herzstück der Infrastruktur des Schweizer Finanzplatzes. Dieses System ermöglicht die Abwicklung von nationalen und internationalen Zahlungen in Schweizer Franken in Echtzeit und ist essenziell für die Stabilität des Zahlungsverkehrs.

Darüber hinaus fungiert SIX als zentrale Clearingstelle des Schweizer Wertpapierhandels. Mit SIX x-clear stellt sie eine reibungslose Nachhandelsabwicklung an der SIX Swiss Exchange sicher.

Die Aufsicht über diese systemrelevanten Strukturen liegt bei der SNB, gestützt auf das Nationalbankgesetz und die Finanzmarktinfrastrukturverordnung, während die Finma eine ergänzende Rolle übernimmt.

In der Fachgruppe Swiss Securities Post-Trade Council (SSPTC), wo sich Bankenvertreter und SIX-Experten zu technischen Fragen der Wertschriftenabwicklung austauschen, wirkt die Leiterin des SNB-Back Office im Bereich Banking Operations aktiv mit.

Zusätzlich arbeiten SNB und SIX an der Einführung von digitalem Zentralbankgeld (CBDC). Sowie dem Handel mit tokenisierten Vermögenswerten auf der DLT-basierten Plattform SDX.

Um sicherzustellen, dass ihre Dienstleistungen im kollektiven Interesse des Schweizer Finanzplatzes erbracht werden, ist SIX als private, nicht börsennotierte Aktiengesellschaft organisiert. Sie gehört rund 120 Schweizer und ausländischen Banken und Finanzgesellschaften – größter Aktionär ist die UBS mit rund 30 Prozent.

Gewinn muss sein...

Neben den systemkritischen Dienstleistungen agiert SIX auch als primär gewinnorientiertes Unternehmen. Sie betreibt die Schweizer Börse, die spanische Börse BME und bietet umfassende Finanzdienstleistungen und -informationenan.

Doch wirtschaftlich lief es in den letzten Jahren nicht rund. Ex-CEO Jos Dijsselhof investierte in den spanischen Börsenbetreiber BME und den französischen Zahlungsdienstleister Worldline und setzte damit über eine Milliarde Franken in den Sand. Ende 2024 räumte er seinen Posten.

Sein Nachfolger Bjørn Sibbern soll mit dem Programm “Scale Up 2027” die Rentabilität verbessern. In den nächsten drei Jahren sollen die Betriebskosten um 120 Millionen Franken gesenkt und 150 Stellen abgebaut werden, um die EBITDA-Marge von derzeit 28 % auf 40 % zu steigern.

Parallel dazu verfolgt Sibbern eine Wachstumsstrategie. Nach der Übernahme der paneuropäischen Börse Aquis Exchange mit Sitz in London und Paris sollen weitere Unternehmenskäufe folgen.

Ob allerdings ein Börsencrack aus Kopenhagen die beste Wahl ist, die Schweizer Finanzplatz-Infrastruktur für eine Post-Trump-Weltfinanz zu rüsten, darf bezweifelt werden.

...aber die Finanzplatz-Infrastruktur ist wichtiger.

Alle reden über den globalen Handels-, Währungs- und Wirtschaftskrieg, den Donald Trump mit seiner neomerkantilistischen Zollpolitik und seinem geschäftstüchtigen Machtdenken befeuert. Seine Strategie? Egoistische Deals mit Feinden – auf Kosten alter Verbündeter.

Alle – ausser SIX-CEO Bjørn Sibbern. Dabei müsste der Däne dies als oberster Verantwortlicher für SIC und x-clear, eigentlich tun.

Sein wichtigstes Ziel darf nicht die höhere EBITDA-Marge sein, sondern die Anpassung der Schweizer Finanzplatz-Infrastruktur an die enormen geopolitischen Brüche und Umwälzungen.

Die entscheidende Frage lautet: Bleibt die Schweiz eine neutrale Drehscheibe der multilateralen Weltfinanz – oder wird sie zum Annex von Wall Street?

Doch das ist eine Thema für einen andermal.