Aus dem besprochenen Buch "Schwarze Hefte (1939-1941)" des deutschen Philosophen Martin Heidegger las Heidenreich scheinbar einen Satz vor, der in diesem Buch nicht zu finden ist. Im gefakten Zitat unterschob sie Heidegger die Ausage, er befürworte die Beseitigung der Juden aus Deutschland.
Nachdem Zweifel die Zuschauerinnen und Zuschauer der TV-Sendung auf korrekte Weise darauf aufmerksam gemacht hatte, so ein Zitat sei im diskutierten Heidegger-Text nicht zu finden, bekam Heidenreich einen Wutanfall und knallte das Buch auf den Tisch.
Dafür hat Heidenreich Stellung genommen (Sonntagszeitung 21.6.): "Jedem, der je Heidegger gelesen hat, muss doch klar sein, dass das kein Zitat war, sondern eine klassische Paraphrase, wie sie im Gespräch häufig vorkommt." Sie habe die antisemitischen Äusserungen Heideggers mit ihren Worten gewertet. "Was gäbe es da zu entschuldigen?"
Antisemitismus, Heidegger, Zitatfälschung - Das sind keine Peanuts, das ist Chefsache. Wenn die TV-Kulturchefin weithin kneift, bekommen wir einen Fall für Direktor Ruedi Matter und Generaldirektor Roger de Weck.
Warum aber hat das Schweizer Fernsehen seinen korrekt agierenden Moderator Zweifel fristlos abgesetzt, und die unkorrekt agierende Zitateerfinderin Heidenreich gleichzeitig geschützt?
Meine Antwort lautet wie folgt: Das Verhalten von Zweifel und Heidenreich in der inkriminierten Sendesequenz verkörpert zwei unterschiedliche Wege der geistigen Verarbeitung des Völkermordes an den Europäischen Juden. Genau hinschauen, differenzieren, verstehen ist der eine Weg, sakralisieren, dämonisieren, kollektivbeschuldigen der andere.
Das bisherige Verhalten des Schweizer Fernsehens im Heidenreich-Zweifel-Disput stützt den zweiten Weg.