Die "idealistische Aussenpolitik des Westens" ist am Ende, verkündet Chefredaktor Eric Gujer heute in der NZZ. "Nun schwingt das Pendel zurück."
"Es bleibt nur ein Mittelweg: weder Voltaires "Candide" noch Kagans Dschungel, sondern gelassene Selbstbeschränkung in einer aus den Fugen geratenen internationalen Ordnung." (Wobei der deplatzierte Voltaire-Kagan-Vergleich für Voltaire eine Beleidigung ist.)
Mit "Kagan" ist Robert Kagan gemeint, ein führender Verteter jener kriegerischen Weltanschauung des US-Neokonservativismus, welche der US-Aussenpolitik in den letzten zwei Jahrzehnten in Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen katastrophale Niederlagen einbrockte.
Heute sitzen die Neocons wohl wieder im Weissen Haus und im State Department des "Amerika-Firsters" Donald Trump, doch das sind nur Schleudersitze, im Pentagon kommandieren mittlerweilen realistische Generäle.
Als NZZ-Leser habe ich den erfahrenen Geheimdienstspezialisten, BND-Insider, früheren Ausland- und heutigen Chefredaktor Eric Gujer stets als Parteigänger der US-Neokonservativen und deren kriegerischen Machtpolitik gelesen.
Wenn er heute seiner Leserschaft den "Mittelweg" und eine "gelassene Selbstbeschränkung" in der Aussenpolitik empfiehlt, sind das ganz neue Töne.
Auf Gujers Haupthema Deutschland angewendet bedeutet das wohl Kramp-Karrenbauer statt Merz.
Wenn dieser Leitartikel so gemeint ist, wie ich ihn lese, dann dürfte der NZZ-Auslandsjournalismus davon profitieren. Weil die smarten jungen Schreibkräfte die er seit seinem Amtsantritt in der Auslandredaktion einstellte, sich von der neokonservativen Denkschablone "Der Westen" befreien können.
Die Ära des neokonservativen Westens ist vorbei. Sie dauerte vom Ende des Kalten Krieges 1990 bis zur Wahl von Donald Trump 2016.
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