Das Krisenmanagement der Zentralbanken mit ultraexpansiver Geldpolitik hat funktioniert. Seit 2008 verhinderte der Nullzins für Banken und der Direktkauf von Staatsobligationen (Englisch Quantitative Easing) einen Zusammenbruch des herkömmlichen globalisierten Finanzsystems.
Die Zentralbanken-Geldschwemme kaufte dem Bankensystem und der Staatskasse Zeit in der Not. Ein verbindliches Konzept zum Ausstieg - der kommen muss - existiert jedoch bis heute nicht. Bloss Ankündigungen, Ideen und ein paar Gesetze, die von der Bankenlobby postwendend wieder verwässert wurden.
Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Ben Bernake, Präsident der US-Zentralbank (Fed) und Mark Carney, Präsident der Bank of England (BoE) haben in den vergangenen Wochen bekräftigt, die Banken ihres Währungsraumes auf absehbare Zeit zum Nullzins zu refinanzieren.
Sie haben auch gar keine andere Wahl. Die Banken hängen am staatlichen Nullzins, wie die Süchtigen am Gift. Zum einen weil die Realwirtschaft seit fünf Jahren stagniert und die Arbeitslosenzahlen wachsen. Und zum anderen weil sie noch immer viel zu viele riskante Schrottpapiere in den Bilanzen haben. Der Wegfall der Nullzinspolitik birgt das Risiko eines unkontrollierten Schockes einer Banken- und Kreditkrise auf die Volkswirtschaft.
Der Preis für die Nullzinspolitik ist hoch. Die resultierende Geldschwemme führt zu Preisblasen auf Immobilienmärkten und Aktienbörsen. Und expropriiert gleichzeitig die Kleinsparer, die keinen Zins auf ihre Einlagen mehr bekommen. Volkswirtschaftlich wächst mit wachsender Geldmenge auch das Inflationspotential.
In Europa spaltet die Direktfinanzierung überschuldeter EU-Staaten durch die EZB, gekoppelt mit dem Diktat einer Spar- und Abbaupolitik die Union politisch, und lässt gleichzeitig die Realwirtschaft der überschuldeten Staaten schrumpfen. Was die sozialen Spannungen verschärft und das Risiko der einer neuerlichen Finanzkrise erhöht.
Wie man es auch immer dreht, die Nullzinspolitik ist eine Sackgasse. Der beste Ausweg ist die Reform des Bankensystems. Das gilt auch für die Schweiz.
(Okay, es gibt auch andere Auswege: Revolution, Wechsel vom anglo-amerikanischen Finanzkapitalismus zum russo-chinesischen Staatskapitalismus, neues Geldsystem, u.a.m. Aber das ist eine andere Geschichte.)
Auch hierzulande ist die Nullzinspolitik erzwungen als Bedingung der Verteidigung der Frankenuntergrenze zum Euro mit neugeschöpftem Zentralbankengeld. Auch hierzulande ist das Grossbankenproblem ungelöst, UBS und Credit Suisse sind nach wie vor Tbtf, also "to-big-to-fail". Geht morgen eine hops, müssen Bundeskasse und Nationalbank, das heisst wir alle, wieder einspringen.
Vor drei Jahren präsentierte die SP-Schweiz das Rezept von Urs Birchler, Professor am Institut für Bankwesen der Universität Zürich gegen zu grosse Banken. Mit so genannten Wandelschulden wollte Birchler verhindern, dass der Staat die Grossbanken nochmals retten muss.
Wandelschulden (Englisch Contingent Convertibles oder cocos) sind von der Bank ausgegebene Obligationen (Fremdkapital), die wenn nötig zwangsweise in Aktien (Eigenkapital) umgewandelt werden müssen. Das stärkt in Krisenzeiten das verlusttragende Eigenkapital.
Für das zu lösende Tbtf-Problem ist Prof. Birchlers Medizin allerdings viel zu schwach. Als flankierende Massnahme sind Cocos okay, aber lösen können sie das Tbtf-Problem nicht. Der Zeitpunkt der Zwangswandlung durch die Finma ist unsicher, die Rechtssicherheit der Zwangswandlung nicht gegeben, weil das grosse Volumen der nötigen Cocos vom schweizerischen Kapitalmarkt nicht verdaut werden kann und dem anglo-amerikanischem Finanzmarktrecht unterstellt werden muss.
Nein, ein neues Finanzinstrument kann das Tbtf-Problem nicht lösen. Dazu braucht es einen grundlegend neuen Ansatz zur Defininition des Eigenkapitals von Banken. Beispielsweise in Richtung der Vorschläge von Anat Admati und Martin Hellwig (The bankers' new clothes).
Also ein risikoungewichtetes Eigenkapital im Bereich von 20 bis 30 Prozent der Bilanzsumme. Anders ist die Rückkehr des Bankwesens zur Marktwirtschaft nicht zu bewerkstelligen.
Das zweite zur dauerhaften Lösung des Tbtf-Problems nötige Element ist die Entflechtung von Geschäftsbanken und Investmentbanken. Nur so lassen sich die Risiken des hochriskanten Finanzcasinos, sprich Investmentbanking und Wertschriftenhandel, fernhalten vom eher langweiligen Spar-, Kredit-, und Vermögensverwaltungsgeschäft.
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