Von der Mitte des 8. Jahrhunderts bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts existierte zwischen dem Grossen Sankt Bernhard im Westen und den Bündner Pässen im Osten eine transalpines Passsystem von europäischer Bedeutung.
Der vergessene Kaiserweg Karls des Grossen und des Heiligen Römischen Reiches vom Thuner- und Vierwaldstättersee über Gemmi/Lötschen-Simplon und Brünig-Grimsel-Gries zum Lago Maggiore.
Die gängige Historiografie des Aargaus, Emmentals und Berner Oberlandes im Früh- und Hochmittelalter hat diese dritte Transitstrecke über die Zentralalpen, entgegen ihrer grossen Bedeutung ebenso übersehen, wie die gängige Geschichtsschreibung der Lombardei - zumindest insoweit unsereins als Google-Historiker die italienische Geschichtsschreibung zu überblicken vermag.
Deutschsprachige Standardwerke über die Alpen und ihre Geschichte, etwa Die Alpen von Werner Bätzing oder Walser Volkstum von Paul Zinsli wissen nichts von dieser Alpentransitstrecke. Ebensowenig das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz IVS. Und auch der Mittelalterhistoriker Bernhard Stettler, der die Geschichte des oberen Aareraumes im Früh- und Hochmittelalter studierte, hat die Bedeutung des Berner Oberländer und Oberwalliser Passsystems für die damaligen grossen alpenüberspannenden Reiche verkannt.
Auf diesen vergessenen Kaiserweg bin ich im Laufe meiner Recherche über meine Vorfahren aus dem Rheinwalder Walsergeschlecht der Trepp gestossen, deren Ahnen in den 1270er Jahren vom Oberwallis ins Rheinwald gekommen waren.
Genauer gesagt aus dem damals bis zum Lago Maggiore deutschsprachigen Eschental (Italienisch Val Toce) das zum Simplon und zum Griespass und weiter ins Wallis führt.
Da die alamannischen Ahnen der Walser Deutsch, besser Höchstalemannisch sprachen, lag die Beschäftigung mit den Pässen Gemmi, Lötschen und Grimsel auf der Hand, die vom Wallis ins Berner Oberland führen.
Dabei musste ich feststellen, dass das Historische Lexikon der Schweiz und die greifbaren historischen Darstellungen die alamannische Besiedelung des Berner Oberlandes nur vage auf das 8. bis 10. Jahrhundert datieren. Das war mir zuwenig gut und ich machte mich auf die Suche nach einschlägigen Informationen.
Ich bin nicht Historiker sondern Ökonom. Die Methode meiner Recherchen zur Geschichte der Rheinwalder Walser und ihrer Oberwalliser Ahnen vom 8. bis zum 13. Jahrhundert möchte ich mit Longue Durée plus Big Data bezeichnen.
Longue Durée verstanden im Sinne des französischen Historikers Fernand Braudel, der Geschichte nicht als Aneinanderreihung von Einzelereignissen verstand, sondern als Erschliessung der Vergangenheit im Kontext der Einwirkung geografischer Strukturen auf die langfristigen Veränderungen sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse – hier des Alpentransits. Big Data im Sinne des Sammelns möglichst vieler relevanter Informationen aus möglichst vielen Quellen unter Einsatz von Suchmaschinen zur Durchforstung digitalisierter Quellenbestände.
Die damit gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten mir einen neuen Blick auf die frühmittelalterliche alamannische Besiedelung des Berner Oberlandes, Oberwallis und Eschentals. Und legten den vergessenen Kaiserweg frei, der sowohl für die Vorgeschichte der Drei Waldstätte Uri, Schwyz und Unterwalden, sowie auch für die Geschichte des Heiligen Römischen Reiches von Bedeutung ist.
Mein neues Buch Hohe Berge - Enges Tal, das die Geschichte dieses vergessenen Kaiserweges erzählt, kann hier bezogen werden.
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