Mittwoch, 3. Juli 2013

Warum ignoriert der Zürcher Tages-Anzeiger den Zürcher Whistleblower Rudolf Elmer?

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, sagt die Bibel. "Journalisten haben heute den Job, Historiker der Gegenwart zu sein", sagt Tamedia-Journalismusethiker Dr. Constantin Seibt.

Unter dem Titel "Die Auspacker" präsentiert die heutige Hintergrundseite des Tages-Anzeigers (ohne byline) neun Whistleblower aus der ganzen Welt. Warum wohl, fehlt hier der Zürcher Whistleblower Rudolf Elmer?

Ja, warum hat die Sonntagszeitung Elmer 2005 als psychisch kranken Datendieb tituliert, ohne zuvor mit ihm geredet zu haben?

Warum mutierte Elmer 2008 im Tages-Anzeiger kommentarlos zum Whistleblower, nachdem er auf der Enthüllungsplattform Wikileaks ausgepackt hatte?

Warum pushte Tamedia die Offshore-Leaks-Story, die vielleicht einfach eine grosse Ami-Show war, verschweigt hingegen heute den Fall Elmer?

Mittlerweilen ist bekannt, das das etwas mit der früheren Karriere von Tamedia-Verleger Pietro Supino als Spezialist für identitätsverschleiernde Offshore-Konstrukte zu tun hat. Elmer hat die Geschichte auf Wikileaks enthüllt (Bär & Karrer, Moonstone Trust).

Wenn die T-A-Hintergrundredaktion bei der heutigen Präsentation von neun Auspackerinnen und Auspackern den mittlerweilen weltberühmten Rudolf Elmer schlichtweg ignoriert, liegt die Vermutung nahe, dass dies aus Loyalität zu, oder aus Angst vor Pietro Supino geschah.

Okay T-A-Hintergrundredaktion, kann ich gut verstehen - darum blieb unsereiner immer Freier.

(Kleine Anektote: Vor Jahren gab es bei Jean Frey mal einen Pensionskassenskandal. Damals war Res Strehle Ressortleiter Wirtschaft des Jean-Frey-Produktes Weltwoche. Er wollte bei mir einen Artikel über den hausinternen Skandal bestellen, weil es, wie er sagte, dazu jemanden von Aussen braucht. Der Chefredaktor wollte nicht. Heute ist Strehle selber Chefredaktor und wird sich hüten, einem Auswärtigen den Auftrag für ein Feature über das frühere Leben seines Verlegers als Offshore-Anwalt zu geben.)

Und noch was, die Typisierung der Spezies Whistleblower in dieser tabellarischen Darstellung vermag nicht zu überzeugen. Der zentrale Unterschied zwischen der materiellen Motivation, und der ideellen Motivation ist völlig verwischt.

Nein, diese Hintergrundseite vermag die Forderung des Journalismusethikers Seibt nach zeitgeschichtlicher Relevanz im Journalismus nicht zu erfüllen.

1 Kommentar:

  1. Rudolf Elmer hat kein Geld für seine Informationen verlangt und auch nichts erhalten.Er ist ein idealistisch motivierter Whistleblower. Es ist eine Schande wie unsere Gesellschaft mit Menschen mit Zivilcourage umgeht.

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