Explodiert sind die Fremdwährungsreserven, weil die Nationalbank zur Verteidigung der Kursuntergrenze von 1.20 zum Euro gezwungen war, den Franken zu schwächen und zu diesem Zweck über 200 Milliarden Euros zu kaufen.
Die zum Eurokauf nötigen fast 300 Milliarden Franken schöpfte die Nationalbank kraft ihres gesetzlichen Geldschöpfungsprivilegs als Zentralbankengeld aus dem Nichts.
Technisch laufen die Eurokäufe so ab, dass die Nationalbank auf dem Girokonto einer der rund 320 Banken, die bei ihr ein auf Zentralbankengeld lautendes sogenanntes Girokonto unterhalten, den Gegenwert in Zentralbankengeld gutschreibt.
Die für die Nationalbank gekauften Euros bezahlen die (Giro)Banken - allen voran die drei systemrelevanten Institute UBS, CS und ZKB - nicht mit Zentralbankengeld. In der Realwirtschaft zirkuliert das auf den Girokonten liegende Zentralbankengeld nicht, es wird von der Nationalbank lediglich als Buchhaltungsposten hin- und hergeschoben.
Durch die Eurokäufe entstehen in der Nationalbank-Buchhaltung zwei neue Positionen. Erstens ein Euroguthaben bei einer in- oder ausländischen Bank. Und zweitens eine Schuld in aus dem Nichts geschaffen Zentralbankengeld bei einer Bank mit Girokonto bei der Nationalbank.
Das funktioniert nur, solange das Vertrauen in die Frankenwährung intakt bleibt.
Total sind die Giroguthaben des Bankensystems bei der Nationalbank von ca 6 Milliarden Franken im Jahre 2007, auf heute 320 Milliarden Franken gestiegen. Oder anders ausgedrückt von ca. fünf Prozent der Bilanzsumme auf über 60 Prozent.
Die Auftrags der Nationalbank gekauften Euros bezahlen die Banken, indem sie dem liefernden Devisenhändler den Franken-Gegenwert auf dessen Konto bei ihrem Institut gutschreiben. Sie bezahlen den Devisenhändler also nicht mit Zentralbankengeld, sondern mit einem zinslosen Kredit ihres Institutes. Anders gesagt erhöhen sie die in der Realwirtschaft umlaufende Kreditgeldmenge.
(Wer sich mit der Mechanik der Geldschöpfung in der Schweiz vertraut machen will, findet hier eine einschlägige Präsentation >> von Nationalbankökonom Dr. Carlos Lenz.)
Der Witz der Kursuntergrenze für das private Bankensystem besteht darin, als systemisches Element des gesellschaftlichen Geldschöpfungsmechanismus einen Teil des Geldschöpfungsgewinns einsacken zu können, der parallel zur erfolgreichen Verteidigung der Kursuntergrenze durch die Nationalbank entstanden ist.
Dieser privatisierte Geldschöpfungsgewinn muss resozialisiert werden! Andernfalls kommen die US-amerikanischen, Katarischen, Saudischen und Singaporischen Finanzkreise zum Handkuss, welche die längst entnationalisierten UBS und CS heute kontrollieren.
Die Frage ist bloss wie? Die überschüssigen Fremdwährungsreserven einfach in einen Staatsfonds umzwandeln, der das Geld in volkswirtschaftlichem Gesamtinteresse investiert: Infrastruktur, Ausbildung, AHV etc, geht nicht. Ohne Fremdwährungsreserven, aber mit den aus Eurokäufen entstandenen Verbindlichkeiten auf den Girokonten könnte die Nationalbank keine gute Geldpolitik im Landesinteresse mehr machen.
Der Abbau der überschüssigen Fremdwährungsreserven ohne Reduktion der Girokonten geht nicht. Das weiss das Nationalbankdirektorium selbstverständlich auch. Allerdings ist die bislang bekannte Marschrichtung zur Lösung dieses Problems grundfalsch. Die Nationalbank plant den Girobanken eigene verzinsliche Schuldverschreibungen zu verkaufen, sogenannte SNB Bills. Damit würde der Geldschöpfungsgewinn den Banken zugespielt. Das ist nicht akzeptabel.
Die überschüssigen Giroguthaben der Banken bei der Nationalbank entstanden Aufgrund der technischen Eigenheiten des Geldschöpfungssystems. Sie gehören dem Volk und nicht den Banken. Will heissen, die Giroguthaben müssen mit geigneten makroökonomischen Methoden im volkswirtschaftlichem Interesse geschrumpft werden. Solche Methoden gibt es sehr wohl, wenn ich Lust und Zeit habe, schreibe ich dann mal was dazu.
Noch ein Nachsatz zum Verhältnis von Fremdwährungs- und Goldreserve bei der Nationalbank.
Höhe und Zusammensetzung der Währungsreserven festzulegen liegt gemäss Nationalbankgesetz in der Verantwortung des Direktoriums, heute die drei im Titel genannten Herren. In diesem Bereich hat das Direktorium in den letzten Jahren versagt. Im Frühling 2007, als sich die kommende Finanzkrise mit wachsendem Gerumpel auf den globalisierten Finanzmärkten bereits deutlich ankündigte, beschloss das Direktorium 250 Tonnen Gold zu verkaufen. Grund dafür war die angestrebte Gewichtsverlagerung in der Struktur der Währungsreserven in Richtung weniger Gold, mehr Devisen. (Die Bundesverfassung schreibt der Nationalbank lediglich vor, einen Teil der Währungsreserven in Gold zu halten, die Höhe legt die Nationalbank selber fest.)
Dieser Goldverkauf war ein kollossaler Fehler des damaligen Direktoriums - Ganz abgesehen davon, dass der noch grössere Goldverkauf von 1300 Tonnen zwischen 2000 bis 2004 der noch grösserere Fehler gewesen war.
1999 hiess das Stimmvolk die neue Schweizerische Bundesverfassung gut, welche die Goldbindung des Schweizer Frankens aufhob. Darauf entschied die Schweizerische Nationalbank (SNB), die Hälfte (rund 1300 Tonnen) ihrer Goldreserven über die nächsten Jahre zu verkaufen. Seit 2004 werden die Gewinne aus dem Verkauf auf Bund (1/3) und Kantone (2/3) aufgeteilt.
Mit 2600 Tonnen war diese Relation vor dem Beginn der Goldverkäufe im Jahre 2000 befriedigend. Mit heute 1040 Tonnen Gold eindeutig nicht mehr. Das es soweit kommen konnte, ist die Folge der ideologischen Hegemonie des neoliberalen Marktfundamentalismus in der Nationalbank, doch das ist eine andere Geschichte.