Wer alt genug ist, errinnert sich noch an die Feindschaft des damaligen Spiegel-Redaktors Gabor Steingart gegen die Rot-Grüne Schröder-Fischer-Regierung, welche 2003 die Teilahme der Deutschen Bundeswehr am Angriff der USA gegen den Irak ablehnte.
"Der Westen muss sich wehren - oder er scheitert", schrieb Steingart dann 2006 in seiner Spiegel-Titelgeschichte "Weltkrieg um Wohlstand". Anders gesagt, das Heil Deutschlands liegt in der Juniorpartnerschaft mit den USA.
Am 8. August 2014 hat der mittlerweilen zum Chefredaktor des Düsseldorfer Handelsblattes avancierte Steingart einen Essay mit dem Titel Der Irrweg des Westens veröffentlicht, wo er sich von den verbalen und militärischen Angriffen der USA auf andere souveräne Staaten distanziert.
Die Amis sind Looser, schreibt er: "Die letzte erfolgreiche militärische Großaktion, die Amerika durchgeführt hat, war die Landung in der Normandie. Alles andere – Korea, Vietnam, Irak und Afghanistan – ging gründlich daneben."
Die Ukrainekrise will Steingart nicht wie von den USA empfohlen mit Isolation Russlands, Boykott und Gewalt lösen, sondern durch Russlands Integration, durch Vehandlungen und Interessenausgleich.
Mit seinem friedensfördernden Essay hat sich der Deutsche den Titel "Ehren-Eidgenosse" verdient und den Grossorden der Bruderschaft des Schweizer Nationalheiligen Niklaus von Flühe obendrein.
Für die Schweizer Presselandschaft scheint die neue Einsicht des Handelsblatt-Chefredaktors weniger wichtig. Sollte sich die Ansichten des Chefs jedoch zur redaktionellen Leitlinie des Handelsblattes verfestigen, dürfen sich die stramm amerikafreundlichen Hard-Core-Putinfeinde bei der "Neue Züricher" freuen.
Die meinerseits vorausgesagte Verstärkung des NZZ-Büros Berlin mit einer oder zwei amerikafreundlichen Edelfedern der deutschen Zeitungslandschaft rückt näher.
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