Anfang Woche besuchte Christian Lindner, Bundesvorsitzender der Freien Demokratischen Partei Deutschlands, die Räumlichkeiten des österreichischen Online-Ablegers der Neuen Zürcher Zeitung nzz.at in Wien.
Man darf annehmen, dass Lindner mit dem ebenfalls anwesenden NZZ-CEO Veit Dengler auch die Chancen der geplanten Onlineplattform nzz.de im Post-Merkel-Deutschland ventilierte.
Meinen tweet "Voran im Aufbau von nzz.de" hat Lindner jedenfalls weiterverbreitet.
Daraus lese ich, dass der Ehrgeiz des Österreichers Dengler, das Schweizer Traditionsblatt NZZ mit Hilfe seiner Landsfrau Anita Zielina zur führenden neoliberalen Online-Plattform im deutschen Sprachraum umzubauen, dem deutschen Parteichef Lindner helfen könnte, seine serbelnden Freidemokraten ideologisch für die Post-Merkel-Zeit fit zu trimmen.
Sollte ich mit dieser Einschätzung nicht voll neben den Schuhen stehen, dann sollten Dengler/Zielina bei Aufbau von nzz.de inhaltlich primär auf die Thematik Wirtschaftsliberalismus und neoliberale Wirtschaftspolitik setzen.
Auf nzz.de müssen die Wirtschaftseliten Post-Merkel-Deutschlands (inkl. austro-helvetischer Anhang) lesen können, was zu tun ist, wenn sie in Europa oben bleiben wollen.
Damit rückt die laufende Auseinandersetzung in der Hayek-Gesellschaft in den Fokus, wo es letzlich um die Klärung der fundamentalen Differenz zwischen dem Eucken'schen Ordoliberalismus und Hayek'schen Neoliberalismus geht.
In einem Satz kann die fundamentale Differenz dieser zwei Denkschulen wie folgt zusammengefasst werden. Freiheit zuerst, sagt Hayek, freie Bahn dem freien Bürger im freien Wettbewerb auf freien Märkten; Staat zuerst, sagt Eucken, Wettbewerb ja, aber gezähmt durch staatliche Leitplanken.
Die unheilige Allianz zwischen dem Freimarktwirtschaftler Hayek und dem Sozialmarktwirtschaftler Eucken kam Ende der 1940er Jahre unter dem Banner des Kalten Krieges gegen die sowjetische Planwirtschaft zustande. Nach dem Untergang der sowjetischen Planwirtschaft 1991 sind dann die Differenzen zwischen Hayek und Eucken weitgehend verkleistert worden, nicht zuletzt auch vom einstigen NZZ-Wirtschaftschef Gerhard Schwarz.
Ob die NZZ ihre Chance, mit dieser Thematik Klicks im grossen Kanton zu ernten erkennt, steht bislang noch auf einem anderen Blatt. Der NZZ-Chefredaktor und neokonservative Geopolitiker Eric Gujer vermag nach eigenem Bekunden zwischen Neoliberalismus und Ordoliberalismus keinen Unterschied zu erkennen, obwohl die Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik eine Hauptfront des grossen Systemwettbewerbes ist, der heute zwischen dem anglo-amerikanischen Finanzkapitalismus und dem BRICS-Staatskapitalismus tobt.
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