Donnerstag, 14. Februar 2013

Fall Strehle wird auch zum Fall Köppel

Roger Köppel, Verleger und Chefredaktor der "Weltwoche" legt nach.

Vergangene Woche hat seine "Weltwoche" den Tages-Anzeiger-Chefredaktor Res Strehle im Dunstkreis des linken Terrorismus situiert. Diese Woche taucht Strehle dort im Dunstkreis des linken Antisemitismus auf. (Artikel Online nicht greifbar)

Statt diese happigen Vorwürfe durch eine journalistischen Recherche zu erhärten, mixte die Weltwoche bloss ein denunziatorisches Gebräu.

Das mit dem linken Antisemitismus ist Schwachsinn. Wenn es denn stimmt, das Strehle die Wendung "Prominente Juden im Dienste des Grosskapitals" gebrauchte, dann ist auch Raum für "Prominente Juden im Kampfe gegen das Grosskapital".  Die dann Strehles jüdische Genossen hätten sein könnten.

Neue Fakten zum angeblichen Umgang von "Terroristenversteher" Strehle mit den Terroristen fehlen. Ist er einschlägig vorbestraft? Gibt es Zeugen, oder mindestens aussagekräftige Indizien für möglicherweise illegale Taten? Nein, gibt es nicht.

Dass Strehles alte linksextreme Texte den heutigen rechtsextremen Köppel befremden müssen, ist nur logisch. Seltsam bloss, dass Köppel, der jahrelang mit Strehle zusammenarbeitetete, fast zwanzig Jahre brauchte, um es zu merken.

Nein, eine journalistische Recherche liefert die Weltwoche nicht, nur ein Hetzartikel nach gewissen Vorbilden in der politisch rechtsstehenden, deutschen Tageszeitung "Die Welt", wo Köppel diesen Stil gelernt, und dann, von Tito Tettamanti finanziert, in die Schweiz importierte.

Jenem schwerreichen Tessiner Finanzmann, dem wir nicht bloss die Weltwoche verdanken, sondern auch einen schönen Teil der teuren staatlichen Altlastensanierung auf dem Finanzplatz. Übrigens: Weltwoche-Leser haben einen Anspruch darauf, von Tettamantis Rolle bei der Gründung der Liechtensteiner Fasco AG von Mafiabanker Michele Sindona zu erfahren.

Köppel zeigt sich frustriert darüber, wie wenig "die Abgründe des Linksextremismus" zeitgeschichtlich ausgeleuchtet seien. Und regt sich furchtbar darüber auf, dass Leute, deren Biografie nicht in sein ideologisches Freund-Feind Schema passen, zu bürgerlichem Rang und Namen aufgestiegen sind.

Und davon gibt es einige. Neben Res Strehle seien nur drei, alles längst geoutete Beispiele genannt. Serge Gaillard, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, in seiner Jugend trotzkistischer Maulwurf. Den jugendlichen Linksextremisten und heutigen Anlage-Chef der Zürcher Kantonalbank Marco Curti. Oder - dulcis in fundo - den einstigen Chef der Kommunistischen Partei der Schweiz/Marxisten-Leninisten und heutigen NZZaS-Redaktor Willi Wottreng, der seinerzeit gar die Hand von Enver Hoxha, dem Partei- und Staatschef Albaniens schütteln durfte.

Ginge es nach Köppel, müssten diese, und alle anderen "geistig Verwirrten" alten Linksextremistinnen und Linksextremisten  öffentlich abschwören, und ihre bankrotte Weltschau nach dem Motto, "die besten Kritiker der Elche, waren früher selber welche" dämonisieren.

Mit seinem grossen Hass auf die 68er und 80er vertritt Köppel noch heute die antagonistische Freund-Feind-Ideologie, welche bis zum Untergang der Sowjetunion sowohl Kapitalisten als auch Kommunisten praktizierten. Geistig steckt er noch im Kalten Krieg. Das ist nicht konservativ, sondern reaktionär. Und, darf ich's wagen es zu sagen, erst noch unschweizerisch. Was wir hierzulande zum Überleben brauchen, ist mehr Einheit, nicht mehr Zwietracht.

Im Gegensatz dazu hat der Untergang des Kommunismus die alten Linksextremen gezwungen, okay, nicht ganz alle, sich mit ihren mehr oder weniger grossen geistigen Irrtümern und praktischen Verfehlungen zu konfrontieren, und diese zu verarbeiten. Ganz besonders jene die Karriere im globalisierten Finanzkapitalismus machen wollten.

Köppels Attacke gegen Strehle ist nichts Kreatives, doch trotzdem von Bedeutung, weil die beiden Protagonisten zu den wichtigsten Schweizer Journalisten gehören. Strehle als Chefredaktor der führenden publizistischen Plattform der Metropolitanregion Zürich. Köppel als Chef eines intransparent finanzierten, nationalkonservativ-neoliberalen Kampfblattes.

 Auf Strehles Antwort darf man gespannt sein.

2 Kommentare:

  1. Etwas viel Kappeler Milchsuppe? Was der Tagesanzeiger an Boulvardisierung zur Zeit leistet, ist auch nicht gerade berauschend (vgl. dazu den Kommentar von Stefan Howald in der woz vom 7. Feb. mit dem Titel "Ein Interview als Gegendarstellung" zum Fall des (Ex-)SVP-Mannes Müller)

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  2. original heisst es die _schärfsten_ Kritiker!, bitte richtig zitieren, sonst wird das in der WW angemahnt werden!

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